Spuren des frühen Christentums im westlichen Kleinasien

Gliederung:

  1. Die Entwicklung des Urchristentums
  2. Der Apostel Paulus
  3. Spuren des Urchristentums im heutigen Ephesus

 

1. Die Entwicklung des Urchristentums

Die Entwicklung des (Ur-) Christentums beginnt mit dem Mann aus Nazareth: Jesus, der Sohn eines Zimmermanns, der etwa 3 Jahre lang (von ca.30-33 n. Chr.) als Wanderprediger durch Galiläa zog. Von seinem Wirken und Heilen angezogen und von seiner Lehre, die von dem angebrochenen Reich Gottes handelt, beeindruckt, sammelte sich eine Gruppe vertrauter Freunde um ihn. Sie sehen in ihm den lang ersehnten Messias, von dem schon die Propheten im alten Testament berichten. Schließlich wird seinem Handeln ein Ende gesetzt indem Jesus angeklagt und zum Tode verurteilt wird. Über die Hintergründe der Kreuzigung gibt es bis heute verschiedene Ansichten. Dass Jesus den Tod am Kreuz um das Jahr 33 n. Chr. erlitt ist jedoch historisch nachweisbar.
Nach seinem Tod schlossen sich seine Freunde und Anhänger zusammen zur ersten Gemeinde. Sitz dieser Gemeinde war Jerusalem, da man davon ausging , dass Jesus einst dorthin zurückkehren werde. Die Gemeinde sah es als ihre Aufgabe von Jesus, seinem Leben und Wirken zu berichten und die frohe Botschaft seines Glaubens zu verkündigen. Das geschah teils durch mündliche Überlieferung, teils durch Missionsreisen in sämtliche Länder der Erde. Besonders Ballungszentren wie z.B. die römischen Handelsstädte ermöglichten schnell weitere Gemeindegründungen.
Die ersten Gemeinden bestanden fast ausschließlich aus Juden, jedoch bekehrten sich auch verstärkt sogenannten Heiden. Die christliche Kirche kam an einen Scheidepunkt:
Auf der einen Seite gab es die Judenchristen auf der anderen die Heidenchristen, die ohne zuvor den jüdischen Glauben anzunehmen bekehrt worden waren. Dies war für die Zentralgemeinde in Jerusalem ein inakzeptabler Zustand, da es keine zwei christlichen Ordnungen geben konnten. Sie forderten, dass sie heidnischen Glaubensbrüder vor ihrer Bekehrung, also vor der Taufe zunächst den jüdischen Glauben übernehmen sollten, und sich dementsprechend sowohl der Beschneidung unterziehen als auch nach den Reinheitsgeboten leben sollten.
Auf dem einberufenen Apostelkonzil 48n.Chr. in Jerusalem konnte jedoch der Apostel Paulus diese Forderungen zurückweisen. Dies hatte die Erleichterung der Missionarsarbeit im hellenistischen und römischen Raum zur Folge. Hinzu kam, dass das Griechisch, das damals einer Weltsprache gleich kam, das Aramäisch als Sprache innerhalb des Glaubens ablöste. Unter diesen Voraussetzungen konnte sich das Christentum im Mittelmeerraum ausbreiten und regelrecht aufblühen.
Zu diesem Zeitpunkt besaß bereits das Heidenchristentum einen größeren Einfluß als das Judenchristentum und war dementsprechend der Motor des christlichen Auftrags. Die Distanzierung des Heidenchristentums zum Judenchristentum und zur Zentralgemeinde in Jerusalem wuchs stetig. Eine Einigung im Streit der Gemeinden schien unmöglich. Zur Lösung des Problems trugen die Römer bei, die 70 n. Chr. nach Jerusalem vordrangen. Sie zerstörten den Tempel und setzten somit das Ende der judenchristlichen Urgemeinde.
Die neue christliche Kirche verlegte nun ihren Sitz nach Rom. Dort mußte sie zunächst keine römischen Übergriffe befürchten, da die Christen als jüdische Sekte galten und die Juden sowohl vom staatlichen Götterdienst als auch vom Kaiserkult befreit waren.
Als jedoch die Distanzierung der Christen von den Juden nicht mehr zu übersehen war, war der Konflikt zwischen dem römischen Staat und den Christen vorhersehbar.
Der Anfang der Christenverfolgung wird meist mit dem neuntägigen Brand in Rom im Juli 64 n. Chr. in Verbindung gebracht. Der damalige Kaiser Nero soll die Christen für das Feuer verantwortlich gemacht haben. Man vermutet jedoch dass Nero selbst den Brand legte um sich anfallenden Abrißkosten für den Bau einer Megapolis zu ersparen. Da den Christen sich aufgrund ihrer anderen Lebensweise sowieso vom Volk Mißtrauen entgegengebracht wurde, waren sie wohl die geeignetsten Sündenböcke.
Die Christenverfolgung beschränkte sich zunächst nur auf die römischen Stadtgrenzen. Als jedoch Domitian 81n.Chr. neuer Kaiser wurde, begann eine schlimme Zeit für die Christen. Domitian führte verstärkt wieder den Kaiserkult ein, den die Christen aus Glaubensgründen strikt ablehnten. Dies bedeutete für viele Christen der Tod. Unter Kaiser Traian (98-117 n.Chr.) kam es zum ersten Mal zu einer genauen rechtlichen Basis im Umgang und Verhalten mit Christen. Danach wurde bei namentlicher Anzeige und konkreter Beschuldigungen eine genaue Untersuchung durchgeführte. Schwor der Beschuldigte innerhalb dieser Überprüfung vom Christentum ab, so konnte er nicht bestraft werden.
Diese rechtliche Grundlage wurde auch von den folgenden Kaisern beibehalten. Für die Christen stellte sie ein unsichere Existenzgrundlage dar, da sie vollkommen auf die Toleranz der Mitbürger und des Staates angewiesen waren.

 

2. Der Apostel Paulus

Der Apostel Paulus, auch bekannt als der Heidenapostel, spielt einer der wichtigsten Rollen im Bereich der missionarischen Tätigkeit, besonders auch im kleinasiatischen Raum.
Er wurde ca. 10 n.Chr. in Tarsus (Kilikien) geboren. Seine Eltern waren Juden, gehörten der Gruppe der Pharisäern an und lebten dementsprechend in einer sozial gehobenen Schicht. Paulus besaß von Geburt an sowohl das tarsianische als auch das römische Bürgerrecht.
Mit 19/20 Jahren kam Paulus von Tarsus zu Verwandten in Jerusalem. Dort wollte er seine Lehre als Rabbi fortsetzten und von Gaimaliel, einem berühmten Schriftgelehrten seiner Zeit, in den Fächern Gesetzesgelehrsamkeit und pharisäische Theologie unterrichtet werden. Gleichzeitig machte er, wie es damals üblich war eine handwerkliche Ausbildung. Man vermutet, dass er Zeltmacher lernte. In Jerusalem wurde Paulus zum Kämpfer für die traditionelle Überlieferung des jüdischen Glaubens und somit zum Hasser der neuen christlichen Kirche. Er befürchtete wohl, dass diese die jüdische Religion in irgendeiner Weise besiegen würde.
Auslöser für seine aktive Verfolgung von Christen könnte die Hinrichtung von Stephanus gewesen sein.

Im Jahre 34 n.Chr. machte sich Paulus auf den Weg nach Damaskus um die dortige Christengemeinde auszulöschen. Vor den Toren der Stadt kam es zu einem außergewöhnlichen Ereignis. Man berichtet, dass ihm dort der erhöhte Christus erschienen sei und er sich daraufhin bekehrt habe. In der Apostelgeschichte wird dies dreimal erwähnt. Paulus selbst berichtet von diesem Erlebnis nur andeutungsweise im Brief an die Galater und im Brief an die Korinther. Eine genaue Darstellung des sogenannten Damaskuserlebnis ist kaum möglich. Man weiß aber, dass Paulus offenbar öfters Visionen und ekstatische Zustände gehabt habe.
Auf jeden Fall hatte dieses Ereignis einen große Auswirkung auf sein weiters Leben : Paulus bekehrte sich und wurde leidenschaftlicher Anhänger des Christentums. Nach seiner Bekehrung hielt er sich zunächst in Damaskus, Arabien und Jerusalem auf, bevor er sich in seine Heimat Tarsus zurückzog.
Mitte der 40er Jahr begann er seine missionarische Tätigkeit. Um das Jahr 44n.Chr. wurde er von Barnabas nach Antiochia geholt. Von dort aus startet er seine erste Missionsreise zusammen mit Barnabas, die über Cypern Pisidien, Ikonium, Lystra nach Derbe führte und von 45-49 n.Chr. andauerte. Im Jahre 49 setzte er wie oben erwähnt auf dem Apostelkonzil die Interessen der Heidenchristen durch und überzeugte die führenden Männer der judenchristlichen Urgemeinde.
Seine zweite Missionsreise, die er im zwischen 50 und dem Herbst 53 n. Chr. beging, brachte ihn nach Kleinasien, Galatien, Trosas, Makedonien, Athen und Korinth. Überall entstanden lebenskräftige Gemeinden, mit denen er entweder in persönlichen oder schriftlichen Kontakt stand.
Von 54-58n.Chr. reiste Paulus auf seiner 3.Missionsreise auch nach Ephesus, wo er einen zweijährigen Aufenthalt einschob. Während der Gründung der Christengemeinde kommt es zu einem Konflikt mit den dort ansässigen Artemisstaturenbauern und- verkäufer: Demetrius, ein Goldschmied hetzt das Volk gegen die junge Christengemeinde auf, die von der Masse ins Theater geschleppt wird. Erst durch Sicherheitsbeamte kann die Menschenmenge aufgelöst werden. Paulus wurde aufgrund des Aufruhrs zur Weiterreise nach Makedonien und Korinth gezwungen. Paulus plante sogar seine missonarische Arbeit bis nach Spanien auszuweiten.
Im Jahre 58n.Chr. reiste er nach Rom. Dort kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Judenschaft. Pauls wird gefangen genommen. Was zunächst eine Schutzhaft durch die Römer war, zog sich zu einem zweijährigen Gefängnisaufenthalt in Cäsarea hin. 60n.Chr. wird er auf Berufung an den Kaiser nach Rom gebracht, wo er bis zum Jahre 63n.Chr. weiterhin in Gefangenschaft bleibt. In diesem Zeitraum schreibt er Briefe an seine Gemeinden in Kolossa, Ephesus, Philemon und Philippi.
Das genaue Todesdatum von Paulus läßt sich nicht bestimmen. Man vermutet, dass er frühestens 64, spätestens 67 n.Chr. bei der großen Christenverfolgung unter Nero ums Leben kam.
Paulus war eine der bedeutendsten Personen der apostolischen Zeit. Seine unerschütterliches Sendungsbewußtsein und seine leidenschaftliche Liebe zu Jesus Christus machten ihn einzigartig. Er gilt als erster Theologe, der auf die Theologie der nächsten Jahrhunderte nachhaltigen Einfluß hatte.
Mittelpunkt seiner Theologie ist Christus, der Erlöser, der durch seinen Tod am Kreuz der gesamten Menschheit das Heil brachte. Jeder Mensch kann diese Heil empfangen, wenn er das Evangelium annimmt. Seiner Meinung nach ist die Grundlage der Ethik, die in der Liebe begründet ist, die Christengemeinde.

 

3. Spuren der Urgemeinde im heutigen Ephesus

In den Jahren 37- 42 n.Chr. lebten vermutlich Johannes und Maria, die Jesus am Kreuz in ein Mutter-Sohn-Verhältnis gesetzt hatte, in Ephesus.
Johannes, wurde nach dem Tod von Paulus (64-67 n.Chr.) zum Kirchenführer in Ephesus ernannt. Er reiste in Anatolien um das Christentum zu verbreiten. In Rom wurde er gefoltert und ein Jahr in die Verbannung nach Patmas geschickt. Nach dem Tod des Kaisers Domitian kehrte er nach Ephesus zurück und wurde dort auch auf seinen eigenen Wunsch hin begraben. Auf seinem Grab errichtete man eine Basilika, die unter Kaiser Justus zu einer Kirche umgebaut wurde. Die Kirche gilt auch heute noch als Wallfahrtsort.

 

Maria soll während der Zeit in Ephesus an zwei verschiedenen Plätzen gelebt haben. Zunächst, so vermutet man, an der Stelle, an der heute die Ruinen der Konzilskirche zu sehen sind. Die ehemalige Basilika wurde ebenfalls unter Kaiser Justus zur Kirche umgebaut. Hier fanden später mehrere Konsulversammlungen statt.

Ihre letzten Tage soll Maria, die im Jahre 46 n.Chr. starb in einem Haus nahe der Kirche verbracht haben. Dieses Haus geriet zunächst in Vergessenheit, da das Christentum zu dieser Zeit noch nicht stark verbreitet war. Einige Jahrhunderte später berichtete die Westfälin Anna Katharina Emmerik (1774 - 1824 n.Chr.) in ihrem Buch "Das Leben der Mutter Maria" von der genauen Lage dieses Hauses.
1881 reiste der Pariser Priester Gouyet und der Erzbischof Timoni nach Ephesus um Beweise Für die Existenz das Hauses zu finden. Trotz eindeutiger Ergebnisse glaubt den beiden Forschern niemand.1891 nehmen der Priester Jung und der Direktor mit des französischen Colleges in Izmir die Forschungsarbeiten nochmals auf und beweisen die Richtigkeit der vorherigen Erkenntnisse.
Durch die beiden Papstbesuche 1967 von Papst Paul VI und 1979 von Papst Johannes Paul II wurde das Haus schließlich als Haus der Mutter Maria in der ganzen Welt anerkannt.

 


Katharina Erb
August/September 2002