Spuren des frühen Christentums im westlichen Kleinasien
Gliederung:
1. Die Entwicklung des Urchristentums
Die Entwicklung des (Ur-) Christentums beginnt mit dem Mann aus Nazareth: Jesus,
der Sohn eines Zimmermanns, der etwa 3 Jahre lang (von ca.30-33 n. Chr.) als
Wanderprediger durch Galiläa zog. Von seinem Wirken und Heilen angezogen und
von seiner Lehre, die von dem angebrochenen Reich Gottes handelt, beeindruckt,
sammelte sich eine Gruppe vertrauter Freunde um ihn. Sie sehen in ihm den lang
ersehnten Messias, von dem schon die Propheten im alten Testament berichten.
Schließlich wird seinem Handeln ein Ende gesetzt indem Jesus angeklagt und zum
Tode verurteilt wird. Über die Hintergründe der Kreuzigung gibt es bis heute
verschiedene Ansichten. Dass Jesus den Tod am Kreuz um das Jahr 33 n. Chr. erlitt
ist jedoch historisch nachweisbar.
Nach seinem Tod schlossen sich seine Freunde und Anhänger zusammen zur ersten
Gemeinde. Sitz dieser Gemeinde war Jerusalem, da man davon ausging , dass Jesus
einst dorthin zurückkehren werde. Die Gemeinde sah es als ihre Aufgabe von Jesus,
seinem Leben und Wirken zu berichten und die frohe Botschaft seines Glaubens
zu verkündigen. Das geschah teils durch mündliche Überlieferung, teils durch
Missionsreisen in sämtliche Länder der Erde. Besonders Ballungszentren wie z.B.
die römischen Handelsstädte ermöglichten schnell weitere Gemeindegründungen.
Die ersten Gemeinden bestanden fast ausschließlich aus Juden, jedoch bekehrten
sich auch verstärkt sogenannten Heiden. Die christliche Kirche kam an einen
Scheidepunkt:
Auf der einen Seite gab es die Judenchristen auf der anderen die Heidenchristen,
die ohne zuvor den jüdischen Glauben anzunehmen bekehrt worden waren. Dies war
für die Zentralgemeinde in Jerusalem ein inakzeptabler Zustand, da es keine
zwei christlichen Ordnungen geben konnten. Sie forderten, dass sie heidnischen
Glaubensbrüder vor ihrer Bekehrung, also vor der Taufe zunächst den jüdischen
Glauben übernehmen sollten, und sich dementsprechend sowohl der Beschneidung
unterziehen als auch nach den Reinheitsgeboten leben sollten.
Auf dem einberufenen Apostelkonzil 48n.Chr. in Jerusalem konnte jedoch der Apostel
Paulus diese Forderungen zurückweisen. Dies hatte die Erleichterung der Missionarsarbeit
im hellenistischen und römischen Raum zur Folge. Hinzu kam, dass das Griechisch,
das damals einer Weltsprache gleich kam, das Aramäisch als Sprache innerhalb
des Glaubens ablöste. Unter diesen Voraussetzungen konnte sich das Christentum
im Mittelmeerraum ausbreiten und regelrecht aufblühen.
Zu diesem Zeitpunkt besaß bereits das Heidenchristentum einen größeren Einfluß
als das Judenchristentum und war dementsprechend der Motor des christlichen
Auftrags. Die Distanzierung des Heidenchristentums zum Judenchristentum und
zur Zentralgemeinde in Jerusalem wuchs stetig. Eine Einigung im Streit der Gemeinden
schien unmöglich. Zur Lösung des Problems trugen die Römer bei, die 70 n. Chr.
nach Jerusalem vordrangen. Sie zerstörten den Tempel und setzten somit das Ende
der judenchristlichen Urgemeinde.
Die neue christliche Kirche verlegte nun ihren Sitz nach Rom. Dort mußte sie
zunächst keine römischen Übergriffe befürchten, da die Christen als jüdische
Sekte galten und die Juden sowohl vom staatlichen Götterdienst als auch vom
Kaiserkult befreit waren.
Als jedoch die Distanzierung der Christen von den Juden nicht mehr zu übersehen
war, war der Konflikt zwischen dem römischen Staat und den Christen vorhersehbar.
Der Anfang der Christenverfolgung wird meist mit dem neuntägigen Brand in Rom
im Juli 64 n. Chr. in Verbindung gebracht. Der damalige Kaiser Nero soll die
Christen für das Feuer verantwortlich gemacht haben. Man vermutet jedoch dass
Nero selbst den Brand legte um sich anfallenden Abrißkosten für den Bau einer
Megapolis zu ersparen. Da den Christen sich aufgrund ihrer anderen Lebensweise
sowieso vom Volk Mißtrauen entgegengebracht wurde, waren sie wohl die geeignetsten
Sündenböcke.
Die Christenverfolgung beschränkte sich zunächst nur auf die römischen Stadtgrenzen.
Als jedoch Domitian 81n.Chr. neuer Kaiser wurde, begann eine schlimme Zeit für
die Christen. Domitian führte verstärkt wieder den Kaiserkult ein, den die Christen
aus Glaubensgründen strikt ablehnten. Dies bedeutete für viele Christen der
Tod. Unter Kaiser Traian (98-117 n.Chr.) kam es zum ersten Mal zu einer genauen
rechtlichen Basis im Umgang und Verhalten mit Christen. Danach wurde bei namentlicher
Anzeige und konkreter Beschuldigungen eine genaue Untersuchung durchgeführte.
Schwor der Beschuldigte innerhalb dieser Überprüfung vom Christentum ab, so
konnte er nicht bestraft werden.
Diese rechtliche Grundlage wurde auch von den folgenden Kaisern beibehalten.
Für die Christen stellte sie ein unsichere Existenzgrundlage dar, da sie vollkommen
auf die Toleranz der Mitbürger und des Staates angewiesen waren.
2. Der Apostel Paulus
Der Apostel Paulus, auch bekannt als der Heidenapostel, spielt einer der wichtigsten
Rollen im Bereich der missionarischen Tätigkeit, besonders auch im kleinasiatischen
Raum.
Er wurde ca. 10 n.Chr. in Tarsus (Kilikien) geboren. Seine Eltern waren Juden,
gehörten der Gruppe der Pharisäern an und lebten dementsprechend in einer sozial
gehobenen Schicht. Paulus besaß von Geburt an sowohl das tarsianische als auch
das römische Bürgerrecht.
Mit 19/20 Jahren kam Paulus von Tarsus zu Verwandten in Jerusalem. Dort wollte
er seine Lehre als Rabbi fortsetzten und von Gaimaliel, einem berühmten Schriftgelehrten
seiner Zeit, in den Fächern Gesetzesgelehrsamkeit und pharisäische Theologie
unterrichtet werden. Gleichzeitig machte er, wie es damals üblich war eine handwerkliche
Ausbildung. Man vermutet, dass er Zeltmacher lernte. In Jerusalem wurde Paulus
zum Kämpfer für die traditionelle Überlieferung des jüdischen Glaubens und somit
zum Hasser der neuen christlichen Kirche. Er befürchtete wohl, dass diese die
jüdische Religion in irgendeiner Weise besiegen würde.
Auslöser für seine aktive Verfolgung von Christen könnte die Hinrichtung von
Stephanus gewesen sein.
Im Jahre 34 n.Chr. machte sich Paulus auf den Weg nach Damaskus um die dortige
Christengemeinde auszulöschen. Vor den Toren der Stadt kam es zu einem außergewöhnlichen
Ereignis. Man berichtet, dass ihm dort der erhöhte Christus erschienen sei und
er sich daraufhin bekehrt habe. In der Apostelgeschichte wird dies dreimal erwähnt.
Paulus selbst berichtet von diesem Erlebnis nur andeutungsweise im Brief an
die Galater und im Brief an die Korinther. Eine genaue Darstellung des sogenannten
Damaskuserlebnis ist kaum möglich. Man weiß aber, dass Paulus offenbar öfters
Visionen und ekstatische Zustände gehabt habe.
Auf jeden Fall hatte dieses Ereignis einen große Auswirkung auf sein weiters
Leben : Paulus bekehrte sich und wurde leidenschaftlicher Anhänger des Christentums.
Nach seiner Bekehrung hielt er sich zunächst in Damaskus, Arabien und Jerusalem
auf, bevor er sich in seine Heimat Tarsus zurückzog.
Mitte der 40er Jahr begann er seine missionarische Tätigkeit. Um das Jahr 44n.Chr.
wurde er von Barnabas nach Antiochia geholt. Von dort aus startet er seine erste
Missionsreise zusammen mit Barnabas, die über Cypern Pisidien, Ikonium, Lystra
nach Derbe führte und von 45-49 n.Chr. andauerte. Im Jahre 49 setzte er wie
oben erwähnt auf dem Apostelkonzil die Interessen der Heidenchristen durch und
überzeugte die führenden Männer der judenchristlichen Urgemeinde.
Seine zweite Missionsreise, die er im zwischen 50 und dem Herbst 53 n. Chr.
beging, brachte ihn nach Kleinasien, Galatien, Trosas, Makedonien, Athen und
Korinth. Überall entstanden lebenskräftige Gemeinden, mit denen er entweder
in persönlichen oder schriftlichen Kontakt stand.
Von 54-58n.Chr. reiste Paulus auf seiner 3.Missionsreise auch nach Ephesus,
wo er einen zweijährigen Aufenthalt einschob. Während der Gründung der Christengemeinde
kommt es zu einem Konflikt mit den dort ansässigen Artemisstaturenbauern und-
verkäufer: Demetrius, ein Goldschmied hetzt das Volk gegen die junge Christengemeinde
auf, die von der Masse ins Theater geschleppt wird. Erst durch Sicherheitsbeamte
kann die Menschenmenge aufgelöst werden. Paulus wurde aufgrund des Aufruhrs
zur Weiterreise nach Makedonien und Korinth gezwungen. Paulus plante sogar seine
missonarische Arbeit bis nach Spanien auszuweiten.
Im Jahre 58n.Chr. reiste er nach Rom. Dort kam es zu heftigen Auseinandersetzungen
mit der Judenschaft. Pauls wird gefangen genommen. Was zunächst eine Schutzhaft
durch die Römer war, zog sich zu einem zweijährigen Gefängnisaufenthalt in Cäsarea
hin. 60n.Chr. wird er auf Berufung an den Kaiser nach Rom gebracht, wo er bis
zum Jahre 63n.Chr. weiterhin in Gefangenschaft bleibt. In diesem Zeitraum schreibt
er Briefe an seine Gemeinden in Kolossa, Ephesus, Philemon und Philippi.
Das genaue Todesdatum von Paulus läßt sich nicht bestimmen. Man vermutet, dass
er frühestens 64, spätestens 67 n.Chr. bei der großen Christenverfolgung unter
Nero ums Leben kam.
Paulus war eine der bedeutendsten Personen der apostolischen Zeit. Seine unerschütterliches
Sendungsbewußtsein und seine leidenschaftliche Liebe zu Jesus Christus machten
ihn einzigartig. Er gilt als erster Theologe, der auf die Theologie der nächsten
Jahrhunderte nachhaltigen Einfluß hatte.
Mittelpunkt seiner Theologie ist Christus, der Erlöser, der durch seinen Tod
am Kreuz der gesamten Menschheit das Heil brachte. Jeder Mensch kann diese Heil
empfangen, wenn er das Evangelium annimmt. Seiner Meinung nach ist die Grundlage
der Ethik, die in der Liebe begründet ist, die Christengemeinde.
3. Spuren der Urgemeinde im heutigen Ephesus
In den Jahren 37- 42 n.Chr. lebten vermutlich Johannes und Maria, die Jesus
am Kreuz in ein Mutter-Sohn-Verhältnis gesetzt hatte, in Ephesus.
Johannes, wurde nach dem Tod von Paulus (64-67 n.Chr.) zum Kirchenführer in
Ephesus ernannt. Er reiste in Anatolien um das Christentum zu verbreiten. In
Rom wurde er gefoltert und ein Jahr in die Verbannung nach Patmas geschickt.
Nach dem Tod des Kaisers Domitian kehrte er nach Ephesus zurück und wurde dort
auch auf seinen eigenen Wunsch hin begraben. Auf seinem Grab errichtete man
eine Basilika, die unter Kaiser Justus zu einer Kirche umgebaut wurde. Die Kirche
gilt auch heute noch als Wallfahrtsort.
Maria soll während der Zeit in Ephesus an zwei verschiedenen Plätzen gelebt haben. Zunächst, so vermutet man, an der Stelle, an der heute die Ruinen der Konzilskirche zu sehen sind. Die ehemalige Basilika wurde ebenfalls unter Kaiser Justus zur Kirche umgebaut. Hier fanden später mehrere Konsulversammlungen statt.
Ihre letzten Tage soll Maria, die im Jahre 46 n.Chr. starb in einem Haus nahe
der Kirche verbracht haben. Dieses Haus geriet zunächst in Vergessenheit, da
das Christentum zu dieser Zeit noch nicht stark verbreitet war. Einige Jahrhunderte
später berichtete die Westfälin Anna Katharina Emmerik (1774 - 1824 n.Chr.)
in ihrem Buch "Das Leben der Mutter Maria" von der genauen Lage dieses Hauses.
1881 reiste der Pariser Priester Gouyet und der Erzbischof Timoni nach Ephesus
um Beweise Für die Existenz das Hauses zu finden. Trotz eindeutiger Ergebnisse
glaubt den beiden Forschern niemand.1891 nehmen der Priester Jung und der Direktor
mit des französischen Colleges in Izmir die Forschungsarbeiten nochmals auf
und beweisen die Richtigkeit der vorherigen Erkenntnisse.
Durch die beiden Papstbesuche 1967 von Papst Paul VI und 1979 von Papst Johannes
Paul II wurde das Haus schließlich als Haus der Mutter Maria in der ganzen Welt
anerkannt.
Katharina Erb
August/September 2002